Rebecca Wilton

Send me an Image

C/O Berlin, 27. 3. – 2. 9. 2021

Peter Miller, Envelope, 2020

Das Ausstellungshaus C/O Berlin widmet die Jubiläumsschau anlässlich seines 20-jährigen Bestehens einem der zentralen Aspekte des Mediums Fotografie: der Kommunikation. Unter dem Titel Send me an Image präsentiert die Ausstellung die Kulturen des Bilderteilens von den Anfängen der Fotografie bis in die (digitale) Gegenwart. Wer hier an eine chronologische Reise von der Bildpostkarte bis zum Instagram-Post denkt, wird überrascht von sehr heterogenen Ausstellungsexponaten, die Licht auf ein zunächst unübersichtlich wirkendes Forschungsfeld werfen. Es handelt sich um ein Thema, das sich nicht einfach einer der klassischen fotografischen Sparten zuordnen lässt, möchte man sich nicht des allzu weitläufigen Begriffs der Alltagsfotografie bedienen (und auch das wäre unzureichend). So bekommt die Fotografie besonders hier eine Chance, die Qualität ihrer Vielseitigkeit zur Geltung zu bringen.

Schon der Auftakt der Ausstellung mit der Präsentation zahlreicher Cartes de Visites zeigt ein Feld unterschiedlicher Lesarten. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts Accessoire und Tauschobjekt der bürgerlichen und adligen Klasse – gewissermaßen eine frühe Form des Selfies – bieten sie aufwändige Inszenierungen in den Ateliers und damit den Anspruch einer gesellschaftlichen Klasse, ihren Status zu repräsentieren und zu manifestieren. Hier treffen sich Porträt und Mode, Staffage und gemalte Hintergrundbilder, um schließlich ein Format zu finden, das weitergegeben und geteilt werden kann.

Es ist eine Qualität der Ausstellung, dass sie nach diesem ersten Blick zurück zwar weiter einen chronologischen Faden verfolgt, gleichzeitig aber auch immer wieder Querverweise auf Arbeiten ganz anderer Dekaden setzt und auf inhaltliche Korrespondenzen oder mögliche Assoziationsräume fokussiert. Neben den Vitrinen mit Cartes de Visites- und Briefmarkenalben findet sich etwa eine Diaprojektion von David Campany und Anastasia Samoylova, die seit 2017 auf Instagram kontinuierlich einen Dialog über Fotografien führen – ein Foto antwortet jeweils auf das nächste. Eine Art des Bildertauschs, die der Masse der im 19. Jahrhundert produzierten Porträts eine zeitgenössische Variante von Bilderanhäufung – es sind derzeit um die 4600 Fotos – zur Seite stellt.

 

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Find the complete review in Photonews no. 7–8 | 21, pp. 4/5