Rebecca Wilton

Candida Höfer: Nach Berlin

n.b.k. – Neuer Berliner Kunstverein e.V., 3. 12. 2016 – 29. 1. 2017

Müssen Ausstellungen gegenwärtig politisch sein? Oder, wie lassen sich künstlerische Arbeiten instrumentalisieren, um einen Kommentar zur angespannten politisch-gesellschaftlichen Gemengelage zu formulieren? Candida Höfer, bekannt für ihre großformatigen fotografischen Raumansichten überwiegend repräsentativer bürgerlicher Orte, wie etwa Bibliotheken und Museen, präsentiert im Neuen Berliner Kunstverein Fotografien der letzten Jahre, die ungewohnt kleinformatig, zurückhaltend und leise daherkommen. Inmitten der sehr unterschiedlichen Präsentationsformen von Vitrinen, gerahmten Bildern und Projektionen findet sich aber auch ihre frühe Studienarbeit »Türken in Deutschland« (1979), die die Lebens- und Arbeitswelten sogenannter Gastarbeiter in bundesrepublikanischen Großstädten zeigt. Mit diesen 80 Fotografien zeichnet sich bereits ein frühes Augenmerk der Fotografin auf Räume, Dekorationen, Strukturen und Muster ab, das sich fortan durch ihr Werk ziehen wird. Nichts wiederum weist darauf hin, dass eine politische Lesart den Arbeiten gerecht werden könnte. Auch hier, im Ausstellungsraum, sind die »Türken in Deutschland« vielmehr flankiert von Flächen, Spuren, Kratzern, von einer Raumecke oder einem Stück Rasen. Deren Titel, etwa »Lines III« (2015), »Reflection II« (2015) oder »Scratches« (2015), vermeiden jegliche Information, die über das visuell Wahrnehmbare hinausgehen würde.

 

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Find the complete review in Camera Austria International no. 137 | 2020, pp. 79/80